Ein Auto des Jahres 2026 zu wählen, obwohl 2025 noch nicht einmal vorbei ist, wirkt erstmal etwas schräg. Aber so funktioniert das wohl in der Autobranche. Beim „German Car of the Year 2026“ – GCOTY – haben 40 Autojournalisten all die Modelle bewertet, die in den vergangenen zwölf Monaten in Deutschland neu auf den Markt gekommen sind. Am Ende stand ein Gewinner ganz oben: Der Skoda Elroq. Er hat nicht nur seine Kompaktklasse gewonnen, sondern den Gesamtsieg geholt.
Für mich war das Grund genug, mir den Elroq 85 eine Weile im Alltag anzuschauen – und ich kann schon vorwegnehmen: Das Auto gewinnt nicht, weil es in einem Punkt alles in den Schatten stellt, sondern weil es in ganz vielen Details sehr, sehr viel richtig macht.
Technik mit bekanntem Fundament – aber neu verpackt
Unter dem Blech steckt nichts radikal Neues, sondern der bekannte MEB-Baukasten aus dem VW-Konzern. Wer schon mal von ID.3, ID.4, Enyaq, Cupra Born oder Audi Q4 e-tron gehört hat, kennt die Basis. Der Elroq ist sozusagen der kompaktere, alltagstauglichere Bruder des Enyaq – kürzer, wendiger, aber technisch voll auf der Höhe.
In meinem Fall war es die Variante Elroq 85: also der große Akku mit Heckantrieb. 77 kWh netto, 210 kW Leistung auf der Hinterachse, 0–100 km/h in rund sieben Sekunden und 180 km/h Spitze. Auf dem Papier alles völlig ausreichend, ohne in die „wir müssen jetzt noch ein Zehntel rauskitzeln“-Diskussion einzusteigen. Die WLTP-Reichweite liegt – je nach Ausstattung – bei bis zu etwa 540 Kilometern. In der Praxis hängt es natürlich vom Fahrstil ab, aber rein rechnerisch ist klar: mit realistischen 18–20 kWh auf 100 Kilometer sind 400+ Kilometer Reichweite drin.
Geladen wird zu Hause mit 11 kW an der Wallbox, unterwegs mit bis zu 175 kW am Schnelllader. Skoda spricht von 10 auf 80 Prozent in rund 28 Minuten. Das ist nicht die 800-Volt-Spektakelklasse, aber für mich zählt: Wenn ich in der Zeit in Ruhe einen Kaffee trinken kann und nicht schon wieder vom Ladeplatz gehupt werde, bin ich fein damit.
Mit 4,48 Metern Länge passt der Elroq genau in die Lücke, die viele suchen: groß genug für Familie, Urlaub und Alltag, aber nicht so riesig, dass jedes Parkhaus zum Abenteuer wird.
„VW-Gefühl“ – im Skoda
Was mir beim ersten Gang ums Auto aufgefallen ist: Der Elroq wirkt auf eine angenehme Art „satt“. Die Front ist klar gezeichnet, die Haube zieht flach nach unten, der Skoda-Schriftzug sitzt selbstbewusst vorne drauf. Dazu kommt ein Materialmix, der einfach stimmt: lackiertes Blech trifft auf matte und glänzende Kunststoffe und wird von kleinen silbernen Spangen strukturiert. Es sieht weder verspielt noch billig aus, eher so, als hätte jemand mit einem Auge für Details dran gesessen.
Die Lichttechnik ist vorne wie hinten schon in der Basis voll-LED, Matrixlicht gibt es auf Wunsch. Von der Seite erkennt man die Verwandtschaft zum Enyaq, nur eben einen Tick kompakter. In meiner Testwagen-Konfiguration mit Race-Blau, 20-Zoll-Felgen, dunklen Scheiben und Dachreling wirkt der Elroq sportlich, ohne sich dabei anzubiedern.
Am Heck geht es in der gleichen Sprache weiter: klare Linien, eine markante Leuchtgrafik, sauber integrierter Diffusor-Ansatz. Kein Design, das polarisieren will um jeden Preis – eher eins, das nach ein paar Tagen immer vertrauter wird.
Kofferraum: Hier nimmt „Simply Clever“ Fahrt auf
So richtig „Skoda“ wird der Elroq für mich im Kofferraum. Das Kofferraumvolumen an sich liegt auf Klassenniveau, aber die Zahl interessiert mich inzwischen weniger als die Frage: Wie gut ist der Raum nutzbar? Und da spielt der Elroq sein Markengen in voller Breite aus.
Schon beim Öffnen der Heckklappe begegnet einem der berühmte Eiskratzer – hier in der Klappe versteckt, mit integriertem Profiltiefenmesser. Eine Kleinigkeit, ja. Aber eine, über die man sich spätestens im Winter freut.
Das Ladekabel hängt nicht lose im Kofferraum herum, sondern ist im Netz unter der Hutablage verstaut. Links und rechts gibt es kleine „Balkone“ – Ablagefächer für Dinge, die sonst beim Fahren gerne durch die Gegend kullern. Dazu eine klappbare Wanne, in die man zum Beispiel einen Mantel reinlegen kann, wenn der nicht verknittern soll.
Der Boden selbst ist wendbar: eine Seite mit Teppich, die andere gummiert. Je nachdem, ob man den frisch geputzten Koffer oder die matschigen Wanderstiefel transportiert, dreht man den Boden einfach um. Darunter finden sich noch zusätzliche Fächer für Kleinkram, Abschleppösen, Kabel oder das, was sonst gerne im Auto verschwindet.
Dazu kommen Kleiderhaken, eine 12-Volt-Steckdose und eine pfiffige Lösung für die Hutablage, die man auf halber Höhe einsetzen kann, um zwei Ebenen zu schaffen. Das alles ist nicht spektakulär, aber es zeigt: Hier hat nicht nur jemand die Akkus untergebracht, sondern auch darüber nachgedacht, wie das Auto im Alltag benutzt wird.
Hinten sitzen: Mehr als nur „da passt man schon rein“
Auf der Rückbank setzt sich dieser Eindruck fort. Ich bin etwa 1,80 m groß und sitze hinter meiner eigenen Fahrposition sehr entspannt. Die Oberschenkelauflage ist gut, die Füße passen unter den Vordersitz, und über dem Kopf bleibt reichlich Luft. Das Fahrzeug wirkt hinten nicht wie ein eingekürzter Kompromiss, sondern wie ein vollwertiger Fünfsitzer.
Praktisch sind die Details: In den Rückseiten der Vordersitze stecken zwei Taschen – eine große für Magazine oder Unterlagen, und eine kleinere für das Smartphone. Über den Stangen an den Lehnen lassen sich Halterungen für Tablets einclippen. Mit dem optionalen Winterpaket kommen eine Dreizonen-Klima und eine Sitzheizung für die zweite Reihe dazu.
Die Mittelarmlehne beherbergt Cupholder, und in einem Einsatz versteckt sich sogar ein Halter, mit dem man ein Tablet wie ein kleines Bordkino vor die Nase der Mitfahrenden bringen kann. In Kombination mit den optionalen Sonnenrollos auf den hinteren Fenstern entsteht ein kleines „Privatabteil“ – gerade mit Kindern auf längeren Strecken ein echter Pluspunkt.
Cockpit: Endlich wieder Knöpfe statt Wisch-Experimente
Vorne im Cockpit fühlt sich der Elroq für mich so an, wie ich es mir von Volkswagen zuletzt öfter gewünscht hätte: vertraut, wertig, logisch.
Die Türverkleidung besteht oben aus weich unterschäumtem Material, darunter läuft eine Dekorspange in Metalloptik, und dazwischen sitzt ein Streifen Ambientebeleuchtung, der im Alltag nicht nur gut aussieht, sondern auch warnen kann, wenn sich von hinten ein Fahrradfahrer nähert und man die Tür öffnet.
Das Lenkrad hat echte, haptische Tasten und kleine Röllchen für Lautstärke und Menüsteuerung. Kein Touch-Gefummel, keine unbeleuchteten Flächen – einfach Knöpfe, die man blind bedienen kann. Hinter dem Lenkrad sitzt das kleine digitale Kombiinstrument, darüber hinaus in meinem Testwagen ein Head-up-Display, das Geschwindigkeit und wichtige Hinweise direkt in die Scheibe projiziert.
In der Mitte arbeitet ein 13-Zoll-Touchdisplay mit der inzwischen bekannten Skoda-/VW-Logik. Startbildschirm, Kacheln, oben eine frei belegbare Schnellleiste, darunter die größeren Menüs für Navigation, Medien, Fahrzeug und Assistenzsysteme. Die integrierte Ladeplanung funktioniert solide, wer mag, nutzt Apple CarPlay oder Android Auto.
Wirklich angenehm finde ich, dass Skoda sich nicht komplett von physischen Tasten verabschiedet hat. Unter dem Display gibt es eine Leiste mit echten Knöpfen für Fahrmodi, Einparkhilfen, Warnblinker und Co. Auch die Klimabedienung ist klar erreichbar – kein „such dir erst im Untermenü die Temperatur“. In der Mittelkonsole liegen zwei Ablageschalen, von denen eine das Smartphone induktiv lädt (optional sogar gekühlt, damit es nicht überhitzt). Dazwischen sitzen flexibel nutzbare Cupholder und der kleine Fahrstufen-Wählhebel, den man aus Audi-Modellen kennt.
In Summe ist das ein Innenraum, in den man sich reinsetzt und das Gefühl hat: „Hier müsste ich jetzt nichts erlernen, ich kann einfach losfahren.“
Auf der Straße: Unaufgeregt gut
Fahrdynamisch ist der Elroq kein Showcar, das dir bei jedem Ampelstart das Genick knackt – und das ist auch gut so. Er fährt sich so, wie ein modernes E-Auto im Alltag sein sollte: ruhig, kräftig genug, aber nie nervös.
Das Fahrwerk ist für meinen Geschmack hervorragend abgestimmt. Auf meiner üblichen Dorf-Rüttelstrecke federt der Elroq sauber weg, ohne zu schaukeln. Auf der Landstraße wirkt er ausgewogen, lenkt angenehm direkt ein, bleibt aber auf der komfortablen Seite. Die großen 20-Zoll-Räder meines Testwagens sehen gut aus, ohne die Federung komplett zu verhärten.
Der Heckantrieb sorgt nicht nur für Traktion, sondern vor allem für einen erstaunlich kleinen Wendekreis. Gerade in der Stadt oder in engen Parkhäusern merkst du das sofort – man dreht das Auto gefühlt auf einem sehr kleinen Radius.
Auf der Autobahn liegt der Elroq satt. Bei Richtgeschwindigkeit ist die Geräuschkulisse entspannt, selbst bei 160 bis 180 km/h bleibt das Auto stabil und akustisch im Rahmen. Natürlich steigen die Verbräuche mit der Geschwindigkeit, aber das gilt für jedes E-Auto. Wer entspannt mit 120 bis 130 km/h unterwegs ist, wird sich über die Reichweite freuen.
Die Rekuperation lässt sich über Wippen am Lenkrad und zusätzlich über den B-Modus der Schaltung anpassen – von fast freiem Segeln bis hin zu einem klar spürbaren Verzögern, das in Richtung One-Pedal-Feeling geht.
Laden, Pausen, Alltag – passt das zusammen?
Beim Thema Laden zeigt sich der Elroq pragmatisch. Mit bis zu 175 kW DC ist er nicht der König der Ladesäule, aber absolut im Bereich dessen, was die meisten im Alltag brauchen. Die Werksangabe von 28 Minuten für den Sprung von 10 auf 80 Prozent ist realistisch genug, um sie bei der Routenplanung grob im Hinterkopf zu behalten.
Ich persönlich habe mich mit diesen Ladefenstern inzwischen angefreundet. Ein Stopp nach 250 bis 300 Kilometern, kurz die Beine vertreten, etwas trinken, Mails oder Kommentare checken – und in der Zeit kümmert sich das Auto um den Rest. Wer natürlich mit maximalem Tempo über die Autobahn fliegt, reduziert die Reichweite und muss dann entsprechend häufiger nachladen. Aber das ist keine Eigenheit des Skoda, sondern Physik.
Preis und Einordnung: Teuer, aber stimmig?
Günstig ist der Elroq nicht, das muss man klar sagen. Los geht es mit der kleinsten Batterie und Basisausstattung bei knapp Mitte 30.000 Euro. Mein Testwagen als Elroq 85 mit höherer Ausstattungslinie, Metallic-Lack, großen Felgen, Wärmepumpe, Komfort- und Winterpaketen lag in der Region um 55.000 Euro Listenpreis.
Das ist eine Hausnummer – vor allem, wenn man chinesische Wettbewerber danebenstellt, die auf dem Papier ähnliches an Akku und Leistung für deutlich weniger Geld bringen. Der Unterschied wird für mich allerdings spürbar, wenn ich im Auto sitze. Der Skoda fühlt sich in vielen Bereichen einfach „fertig“ an: Materialqualität, Bedienlogik, die vielen kleinen Detaillösungen im Innenraum und Kofferraum, die Art, wie das Auto federt und sich anfühlt.
Mein Fazit: Ein sehr rundes Gesamtpaket
Ist der Skoda Elroq 85 zurecht „German Car of the Year 2026“ geworden? Aus meiner Sicht: ja, das kann man durchaus so sehen. Er ist nicht das eine Auto, das in einer Disziplin alles wegbläst, sondern er ist in sehr vielen Bereichen einfach richtig gut.
Er fährt angenehm, ist alltagstauglich, wertig gemacht und clever gedacht. Er fühlt sich an wie ein moderner Golf auf E-Basis mit dem typischen Skoda-Extra an Alltagstricks – und genau das ist für viele Leute wahrscheinlich wichtiger als die letzte Zehntelsekunde beim Laden oder Sprinten.
Mich würde interessieren, wie du den Elroq siehst: spannender Kandidat für die eigene Garage oder zu teuer im Vergleich zu den neuen Marken aus China? Schreib’s gerne in die Kommentare unter dem Video oder auf meinem Blog 163grad.de – und wenn du Lust hast, schauen wir uns im nächsten Test zusammen das nächste Elektroauto an.