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Elli Veranstaltung Berlin 2024 | Foto: 163 Grad

Elli in Berlin – Das braucht es für den Durchbruch der Elektromobilität

Am Freitag war ich in Berlin zu einer Veranstaltung von Elli, der Energiesparte des Volkswagenkonzerns. Und Elli hatte grosses angekündigt. Zitat aus der Einladung:

Sie erleben Produktweltpremieren, Ankündigungen neuer Geschäftsfelder und Investitionen sowie eine Diskussionsrunde über die Energie- und E-Mobilitätswende mit führenden Persönlichkeiten aus Verband, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Freuen Sie sich auf anregende Gespräche sowie wertvolle Perspektiven zu den Herausforderungen und Chancen, die vor uns als Konzern liegen.

Einladung Elli “Energize Europe” am 7.6.2024

Und Elli hat an dem Tag einiges aus dem Hut gezaubert. Neben einer neuen Wallbox wurde vor allem deutlich, in welche Richtung sich Elli entwickeln wird, warum der Absatz von Elektroautos gerade stockt und was es braucht, damit das Elektroauto sich im Massenmarkt durchsetzt.

Elli bringt neue Wallbox und PV Kooperation mit OTOVO

Elli ist seit letztem Jahr ein gelisteter Stromanbieter – so wie z.B. auch LichtBlick, für die ich eine Handelsvertretung betreibe. Durch eine Kooperation mit OTOVO gibt es bei Elli ab August alles aus einer Hand: Wallbox, Solar-Anlage, Hausspeicher und die App, die alles steuert. Die Steuerung berücksichtigt dabei variable Strompreise und lädt automatisch z.B. immer dann, wenn es für den Kunden am günstigsten ist.

Alles sehr interessant – aber das alleine wäre die Reise nach Berlin nicht unbedingt wert gewesen.

bis zu 1GWh Grossspeicher in Norddeutschland kommt 2025

Die Top-Nachricht des Tages: Elli steigt tatsächlich in das Geschäft mit industriellen Großspeichern ein. Dazu startet Elli mit einem Batterie-Großspeicher von bis zu 350 Megawatt Kapazität. Der wird an einem noch geheimen Ort in Norddeutschland entstehen und nächstes Jahr in Betrieb gehen. Die Anlage ist bis auf 1 Gigawatt ausbaubar – das entspräche dann in etwa der Leistung eines Gaskraftwerkes.

Der Bedarf dafür ist gross, denn mit der Energiewende bringt bekanntlich Schwankungen der Energieerzeugung mit sich. So konnten in Deutschland laut Bundesnetzagentur rund 10.500 Gigawattstunden Strom nicht erzeugt werden, da die Speichermöglichkeiten fehlten. Allein diese Strommenge hätte für den Betrieb von 3,2 Millionen Elektroautos für ein ganzes Jahr ausgereicht.

Mit diesem Schritt wird aus einem Autokonzern ein Rundum Energieversorger für alle Marken im Konzern und global Player am Energiemarkt.

Elektromobilität ist beschlossene Sache – mit grossem Entwicklungspotential

Auf der Bühne referierten:

  • Thomas Schmall, Konzernvorstand “Technik” der Volkswagen AG
  • Giovanni Palazzo, der CEO von Elli.
  • Johannes Pallasch, Bereichsleiter Batterie-Elektrische Mobilität & Ladeinfrastruktur + Sprecher der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur NOW
  • Prof. Dr. Stefan Bratzel, Gründer und Direktor des Center of Automotive Management (CAM)

Und die Art und Weise, wie dort über Elektromobilität gesprochen wurde, mit welchem Selbstverständnis der VW Vorstand über die Ausrichtung von Elli spricht und die vielen kleinen Bemerkungen, die zwischen den Zeilen fielen, waren für mich das interessanteste an dem Termin. Ich habe 3 Dinge davon mitgenommen.

1. Die Elektromobilität ist erst an km 2 des Marathons

Der Weg in die Elektromobilität ist kein Sprint sondern eher ein Marathon. Wir sind – um in dem Beispiel zu bleiben – schon gestartet, aber erst bei Kilometer 2 von 42. Aber im Gegensatz zum Verbrenner hat die E-Mobilität ein enormes Entwicklungspotential und es gibt intern auch schon konkrete Zeitvorstellungen, wann welche Entwicklungsschritte erwartet werden.

So plant Elli beispielsweise mit einer völligen Änderung der Ladeinfrastruktur. Ab ca. 2027 – 2028 (also in 3 bis 4 Jahren) rechnet der Volkswagen Konzern mit einer drastischen Verkürzung der Ladezeiten durch neue Akku-Technologien. Die „Ladeweile“ wie heute, wo das Aufladen in den meisten Fällen ca. 30 Minuten dauert, wird es dann nicht mehr geben.

Aufladen wird schon sehr bald so schnell wie tanken – womit dann übrigens auch das Drumherum um die Ladestation oder Zusatzangebote keine Rolle mehr spielen.

2. Das Elektroauto ist Bestandteil eines ganzen ÖkoSystems

Für die Autoindustrie ist die Sache klar: Die Zukunft ist elektrisch. Dabei geht es nicht um den Austausch des Motors sondern vielmehr um die Integration in ein ganzes Ökosystem.

Über die eigene PV Anlage kann Strom erzeugt werden. Sofern der nicht im Haus gebraucht wird, kann er in der Hausbatterie oder auch im Elektroauto gespeichert werden. Gleiches gilt für Stunden mit günstigen Strompreisen, in denen die Batterien von Haus und Auto preiswert aufgefüllt werden können.

Bei Flaute oder Dunkelheit wird der Strom aus den Batterien wieder abgegeben. Oder er wird an der Börse verkauft, wenn die Preise wieder höher sind.

Der Verbraucher wird vom reinen Konsumenten zum “Prosumer” und profitiert von bis zu 40% Autarkie und variablen Strompreisen, die sogar eine kleine Marge für den Verkauf des eigenen Stroms mit sich bringen (Kickback).

3. Innovation setzt sich nur durch, wenn sie einen Mehrwert bietet

Auf der Bühne wurde auch darüber gesprochen, dass es aktuell bei den verkauften Elektroautos ja etwas stockt. Die Zulassungszahlen stagnieren und Tesla z.B. parkt seine frisch produzierten Model Y schon auf dem Geländes des Flughafens Schönefeld nahe Berlin. Viele Marken versuchen, mit extremen Leasing-Angeboten die Autos vom Hof zu bekommen.

Die Erklärung dafür ist einfach: Wer sich für Elektromobilität begeistert, der fährt mittlerweile elektrisch. Nach den First Movern geht es jetzt um den Massenmarkt. Und der tickt anders: Ohne einen echten Mehrwert steigt keiner um.

Erneut fiel der Vergleich mit dem Smartphone. Als 2007 das erste Apple iPhone vorgestellt wurde, hatten alle ein Nokia in der Tasche. Heute habt fast jeder ein Smartphone und sind umgestiegen, weil diese Geräte echte Mehrwerte bieten. Das Smartphone kann auch ein Autoschlüssel sein, das Zuhause steuern, die Musiksammlung speichern und man kann damit bezahlen. Ach ja – telefonieren kann man auch damit.

Für viele Autofahrer fehlt noch der Mehrwert beim E-Auto. Wer zuhause keine Wallbox hat, der muss öffentliche Ladepunkte nutzen. Dabei haben aktuell 4 von 10 Kommunen in Deutschland noch kein einzigen Ladepunkt aufgestellt – ein Thema, das die Bundesregierung wohl im nächsten Jahr mit einem neuen Förderprogramm angehen könnte.

Ohne echte Mehrwerte wird sich der Massenmarkt nicht für das E-Auto interessieren. Und genau daran wird mit Hochdruck gearbeitet.

Ausstellung “ICONIC – A timeless Journey of Culture, Society and Mobility”

Ein kurzes Wort noch zu der Ausstellung ICONIC, die gerade im DRIVE läuft und in deren Umfeld die Elli Veranstaltung statt fand. ICONIC führt die Besucher durch 8 Jahrzehnte – angefangen mit den 1950ern, der Wirtschaftswunder-Zeit – bis heut und zeigt Ikonen aus Kunst, Musik, Design, Persönlichkeiten, die für die Epochen bestimmend waren.

Und natürlich auch jeweils ein Fahrzeug dazu

  • 1950: James Dean, VW Käfer
  • 1960: Twiggy, der Mini-Rock und der Porsche 911
  • 1970: Prilblumentapete, dem ersten Videospiel und natürlich dem Lamborghini Countach (versteckt hinter Blumen)
  • 1980: MTV, Mauerfall und Audi 200 Quattro

Und weitere Jahrzehnte mit den passenden Autos dazu wie z.B. dem Porsche GT und dem VW XL1. Was fehlte war der VW Golf 1. Der steht normalerweise wohl dort, wo die Elli Veranstaltung stattfand und musste deshalb wohl Platz machen.

Das habe ich von der Elli Veranstaltung mitgenommen

Was Elli da in Berlin vorgestellt hat, war natürlich eine kleine Sensation – wenn die Tochterfirma eines Automobilkonzerns in das Business mit Stromspeichern einsteigt. Wichtiger war aber für mich das Signal, das von der Veranstaltung ausging.

Wir brauchen ein anderes Mindset zu dem Thema. Es geht nicht darum, jemandem den Diesel wegzunehmen. Es geht darum, die Elektromobilität so gut zu machen, dass Du den Verbrenner freiwillig abgibst, weil das Elektroauto in ein Ökosystem integriert, dass Dir einen echten Mehrwert bietet.

Noch sind wir gewiss nicht an dem Punkt angelangt. Die First Mover sind versorgt – der Massenmarkt tickt anders. Es fehlen noch viele Ladepunkte, die auch Laternenparker abholen. Das bidirektionale Laden funktioniert in der Theorie und im Labor – ist aber immer noch nicht beim Endkunden zuhause angekommen. Und wenn man sich das Auto am Supercharger voll auflädt und den Strom dann ins Haus oder Netz einspeist, dann begeht man wahrscheinlich eine Steuerhinterziehung und steht mit einem Bein im Knast.

Aber die Elektromobilität hat alle Vorraussetzungen dazu, echte Mehrwerte für uns zu entwickeln. Es geht dann nicht mehr nur um ein Auto sondern ein ganzes System, in dem Haus, Batterie, Auto und vieles mehr vernetzt und in einer einzigen App steuerbar werden – mit allen Goodies und finanziellen Vorteilen – mit echten Mehrwerten für Dich. Das ist dann auch der Punkt, wo Du den Verbrenner nicht mehr haben willst, da der diese Mehrwerte nicht bieten kann.

Industrie und Politik sehen ganz klar diese Zukunft – in der es damit auch reichlich Geld zu verdienen gibt. Und das sollte doch ein veritabler Anreiz sein, diese Themen anzugehen.

Das, was früher mal für Fortschritt stand, konnte ich mir im VW Drive noch einmal anschauen. Jetzt ist 2024 – und es ist unsere Zeit, in der wir – und vor allem die jüngere Generation – eine echte Transformation hinlegen und alles auf links drehen werden. Und das ist nicht nur ihr gutes Recht sondern auch zwingend notwendig, um den Klimawandel aufzuhalten.

Darauf können wir uns freuen – es wird eine geile Zeit.

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